03.04. - 06.04.2018: Neuseeland

Wild, wild Westcoast

Am nächsten Morgen wachen wir auf und der ganze Spuk des gestrigen Tages ist vorbei, es hat aufgehört zu regnen. Ein paar Sonnenstrahlen stehlen sich, während wir packen und das Auto beladen, auch schon durch die Wolkendecke.

Heute soll es für uns ein gutes Stück die Westküste hoch gehen, bevor wir am Abend in der Nähe von Kakapotahi eine Unterkunft auf einer Farm gefunden haben. Gar nicht so leicht hier in der Gegend eine gute und bezahlbare Unterkunft zu finden. Neben den wenigen Touristen-Hotspots wohnen entlang dieser Seite der Insel nicht viele Leute.

Weit kommen wir aus Haast nicht raus, ein Naturreservat am Strand ist ausgewiesen und wir biegen natürlich gleich von der Hauptstraße ab.

Die tasmanische See auf dieser Seite haben wir bisher noch nicht gesehen.

Auf einem Holzsteg wandern wir durch die Dünen.

Zur rechten Hand haben wir dabei das Meer hinter den Dünen und links bzw. direkt über uns ist Regenwald. Die Niederschlagsmengen Neuseelands sind an der Westküste am Höchsten, wie wir gestern Nacht gemerkt haben. Mit der ganzen Feuchtigkeit...

... reicht der Urwald bis direkt ans Meer.

Wege und Straßen gibt es in dieser Gegend wenige, die meisten Gebiete sind Naturschutzgebiete und Scenic Reserves. Die Vögel tummeln sich über unseren Köpfen und machen sich einen Spaß daraus, dass wir sie in dem Dickicht nicht sehen können, während wir parallel zur Küstenlinie wandern.

Dann öffnet sich der Weg plötzlich und wir kommen an den Strand. Menschenleer, auch von den paar Touristen, die wir vorne am Parkplatz gesehen haben, ist bis jetzt keiner hier hinten angekommen.

Der Geruch und die Geräusche des anbrandenden Meeres, zusammen mit dem endlosen Ausblick lassen uns die Strapazen der letzten Tage vergessen.

Ich könnte noch ewig so sitzen...

Den Rückweg zum Auto nutzen wir für einen kleinen Spaziergang über den Strand. Feiner weißer Sandstrand ist das sicher nicht, aber die vielen grauen Steine sind alle wunderschön rund und glatt bearbeitet durch das Meer.

Sagte ich, alle Steine seien klein, rund und grau ?! Dieser dicke hier eher nicht.

Wieder zurück am Auto, die Sandflies treiben uns vor sich her, hat sich der Parkplatz um uns merklich gefüllt. Wir entfliehen dem Ganzen und fahren zurück auf den Highway.

Bevor wir zu den Gletschern der Südinsel kommen, machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Lake Paringa. Dieser größte See an der Westküste stellte für die Cattle Tracks im 19. Jahrhundert eine große Schwierigkeit dar, der Weg über den Strand ist in diesem Teil der Insel durch Felsen versperrt. Heute ist hier ein netter kleiner Campingplatz, auf dem man aber im Zelt sicherlich schon seit einigen Tagen nasse Füße bekommt. Das Gras am Seeufer ist patschnass und die Picknickbänke stehen im Wasser.

Ein Neuseeländer kommt gerade mit seinem Boot vom Angeln zurück, muss seiner Frau aber leider erklären, dass es heute zum Mittagessen keinen Fisch geben wird.

Der nächste Halt entlang unserer heutigen Strecke ist schon der Fox-Gletscher, der kleinere der beiden Eisriesen an der Westküste. Die Straße zum Gletscher war gestern noch gesperrt, warum sehen wir kurz nachdem wir Einbiegen selbst. Der Gletscherfluss ist gut gefüllt und die Flussränder ausgewaschen. Zwei Bagger sind gerade dabei die Schotterböschung weiter zu befestigen, auch sonst ist einiges Baugerät unterwegs.

Von Eisriesen kann bei den beiden Gletschern hier an der Westküste leider nicht mehr die Rede sein. Jedes Jahr schrumpfen sie weiter.

Zwischen den Berghängen lugt der Rest des Fox Glacier hervor.

Uns muss dieser erste kurze Blick auf den Gletscher vorerst reichen. Wir haben uns vorgenommen später den größeren der beiden, den Franz-Josef-Gletscher näher zu besichtigen. Vorher rufen aber zuerst unsere Mägen nach Fütterung.

Als Rastplatz suchen wir uns ein Plätzchen an einer ...

... Schotterpiste zwischen den Wiesen in der Flussmündung.

Die Mittagspause verläuft entspannt. Nur der Wind, der unter dem Auto durchbläst und versucht unseren Gaskocher auszupusten, stört beim Kochen.

Die Nachbarn aus der Weide nebenan können nicht so ganz verstehen, was denn hier passiert. Sowas ist ja noch nie vorgekommen!

Besonders die Dame mit dem witzig schwarz gesprenkelten Gesicht und den braunen Ohren findet uns interessant.

Gut gestärkt fahren wir zurück auf den Highway und die letzten Kilometer zum Franz-Josef-Gletscher.

Der Parkplatz ist auch hier gut gefüllt, aber dieses Mal reihen auch wir uns in die Reihe derer ein, die sich auf den Weg zum Gletscher macht.

Auch der Franz-Josef-Gletscher schrumpft unaufhörlich und die Markierungen, bis wohin der Gletscher vor 10 oder 100 Jahren noch gereicht hat, sind beeindruckend. Aber auch bedrückend, hier sieht man die Folgen der Klimaerwärmung deutlich. Die Retraktion beträgt nicht etwa ein paar wenige Meter, sondern mehr als 200 Meter in 100 Jahren. Der Weg, um den Gletscher zu sehen, wird also auch immer weiter.

Wir spazieren durch das breite Flussbett des Gletscherflusses und ...

... bestaunen die intensiven Farben der Moose und Flechten auf den Gesteinsbrocken.

Erstaunlich finden wir, dass direkt neben und um den Gletscher der Regenwald beginnt.

Auf der einen Seite ragt eine Steilwand nach oben, ...

... zwischen den Bergspitzen drängt sich der Gletscher ins Tal...

... und direkt daneben wächst der Regenwald.

Überall stürzen sich kleine und große Wasserfälle in die Tiefe und suchen den Zufluss zum Flussbett. Nach etwa einer halben Stunde verändert sich die Landschaft um uns drastisch, wir laufen nun durch die Geröllhalde, die ehemals unter dem Gletscher begraben war.

Und stehen dann vor dem Gletscher mit seinem Abfluss.

Einen gigantischen Eiskoloss haben wir wie gesagt nicht mehr vor der Nase, beeindruckend ist das spiegelblaue Eis trotzdem. Wir machen es uns mit der Aussicht auf den Gletscher einigermaßen gemütlich und genießen den Ausblick, bevor wir den Rückweg antreten.

Auf diese Idee kommen nicht nur wir.

Der Rückweg zum Auto wird spätestens auf den letzten Metern lustig, denn vor uns laufen zwei junge Kerle, die einen Lautsprecher mitgebracht haben und deutsche Musik laufen lassen. Das Repertoire reicht von den Sportfreunden Stiller bis zu "Es gibt nur ein' Rudi Völler". Wäre das nicht mitten in Neuseeland an einem Gletscher schon komisch genug, tanzen und freuen sich fast ausnahmslose alle Leute, die uns entgegen kommen - egal welcher Nationalität. Wir steigen grinsend ins Auto.

Im kleinen Dorf Franz-Josef am Fuße des Gletschers gehen wir noch kurz einkaufen und beschließen in dem nett aussehenden Café mit den anständigen Preisen noch kurz "was Kleines" zu essen. So ganz geklappt hat das alles natürlich nicht (es war soviel, dass wir den Rest mitnehmen mussten und natürlich teurer als gedacht), aber wir sind hinterher so pappsatt, dass wir nur noch zum Auto kugeln. Abendessen fällt heute aus.

Auf der Straße fahren wir der untergehenden Sonne entgegen.

Viel Zeit bleibt uns zum Anhalten und Staunen auf der verbleibenden Strecke nicht mehr. Seit der Zeitumstellung auf Winterzeit vor ein paar Tagen wird es auch hier früher dunkel.

Ein Halt für den Sonnenuntergang über dem Fluss muss aber noch sein.

Die Nacht heute verbringen wir im Cottage einer kleinen Farm in der Nähe von Kakapotahi. Den Weg im Dunkeln finden wir zum Glück auf Anhieb und fallen zeitig in die Federn.

Goldsuche in Ross

Morgens müssen wir pünktlich raus, der Weg bis zu unserer nächsten Unterkunft ist nicht weit, aber es haben sich Nachmieter angemeldet, wir müssen das Feld räumen.

So ganz wach sind wir auch nach dem Frühstückskaffee noch nicht und das trübe Wetter mit immer wieder aufziehenden Regenschauern macht auch nicht munterer.

Eigentlich wollten wir noch ein Stück zu einem schönen Strand zurück fahren und dort ein bisschen am Meer spazieren gehen, diesen Gedanken verwerfen wir nach dem Blick aus dem Fenster aber schnell wieder.

Als alles halbwegs trocken im Auto ist, tuckern wir langsam los und nutzen die erstbeste Gelegenheit bzw. die erste Lücke im Regenvorhang und fahren runter ans Meer.

Morgens am Strand ist in Kakapotahi niemand unterwegs.

Wir schlendern ein wenig herum und genießen das Meeresrauschen am nassen Sandstrand.

Im Nachbardorf Ross halten wir am kleinen Besucherzentrum des ehemaligen Goldgräberdorfes. Einige Tafeln zur Geschichte und zum Goldschürfen im Allgemeinen sind ausgestellt, daneben steht eine kleine ehemalige Hütte einer Goldgräberfamilie aus dem 19.Jahrhundert. Als wir schon auf das Wetter vertrauen wollen und den Pfad um die alte Minengegend antreten, öffnet der Himmel wieder seine Schleusen und wir flüchten ins Trockene.

Gold schürfen in Ross.

Man kann sich hier sogar ein Sieb und Schürfbleche leihen und selbst sein Glück beim Goldwaschen versuchen. Das größte Goldnugget der neuseeländischen Geschichte mit über 2 kg wurde damals in diesem kleinen Ort gefunden. Verschenkt an die englische Krone hat diese es einschmelzen und ein Teeservice damit verzieren lassen.

Uns ist es momentan von oben nass genug, wir verzichten aufs Goldwaschen und machen uns lieber wieder auf den Weg Richtung Hokitika.

Dort kommen wir so unerwartet früh an, dass wir zum Zeitvertreib einen "kleinen" Umweg zum Lake Kaniere fahren. Es ist gerade wieder regenfreie Zeit, dank des aufkommenden Windes, und wir zuckeln mit Ronny über die Schotterstraßen.

Tief im Wald haben sich die Dorothy Falls versteckt.

Neben uns haben nur wenige andere Touristen den Weg hierher gefunden, ...

... so können wir in aller Ruhe die fallenden Wassermassen bestaunen.

Für ein Bad im Becken des Wasserfalls ist es aber doch etwas zu kalt.

Mitten im Urwald.

Auf der anderen Seite des Weges bzw. der Straße führt ein Pfad an den Lake Kaniere. Einige Mitarbeiter des DOC sind gerade mit Motorsägen und Laubsaugern dabei den Trampelpfad im Nirgendwo zu reinigen und lassen uns vorbei.

Am Ende des Weges, direkt am Seeufer steht eine ziemlich spezielle Bank.

Thomas hat es schon auf die Bank geschafft.

Die Bank steht mehr oder minder im Wasser und seine Füße kann man auf einem davor stehenden Holzklotz ablegen. Trotz Kamera in der Hand schaffe ich es trockenen Fußes auf die Sitzgelegenheit (stolz). ;)

Auf den Holzklotz passen auch zwei Paar Füße.

Nach diesem kleinen Ausflug, Einkaufen und Tanken ist es spät genug, um in unsere Unterkunft für die nächsten zwei Nächte einzuchecken. Eine nette Dame mit ihrem Sohn stellt uns ihren Anbau zur Verfügung. Bei unserer Ankunft ist niemand zu Hause, begrüßt werden wir aber von einer kleinen, kraushaarigen Hundemama mit ihren drei Welpen, die unter dem Sofa hervor lugen.

Mit dem trüben Wetter und der Müdigkeit kommt bei mir auf einmal ein heftiger Anfall von Heimweh auf. Aber nichts, was sich nicht durch ein gutes Glas Wein und eine Sendung des neuseeländischen Food TV über portugiesisches Essen beheben ließe! (Wir müssen unbedingt mal nach Lissabon!)

Manchmal hilft es auch einfach nur ein bisschen rumzugammeln. Das tun wir auch ausgiebig und unterbrechen unser süßes Nichtstun nur durch das dringend nötige Wäschewaschen und einen Spaziergang zum Strand.

Ans Wasser zu kommen ist hier gar nicht so leicht.

Außer uns und der Sonne sind nur noch ein paar Kormorane am Strand.

Und für morgen heißt es dann schon wieder Abschied zu nehmen von der Westküste. Die Zeit mit unserem knallroten Ronny neigt sich dem Ende zu und wir müssen ihn bald wieder in Christchurch abgeben. Ob und wann wir uns einen neuen Mietwagen nehmen, um die restliche Insel zu erkunden steht noch nicht fest.

Über den Arthur's Pass

Arthur's Pass? Waren wir da nicht schon mal? Ja, richtig, als wir in den Malvern Hills ganz am Anfang auf der Farm waren. Jetzt fahren wir diesen Pass von der anderen Seite kommend noch einmal - es ist von Greymouth an der Westküste der kürzeste Weg nach Christchurch an der Ostküste der Südinsel.

Anfangs fahren wir noch durch einigermaßen flaches Gelände, das von Flüssen und Wäldern durchzogen wird. Nach und nach gewinnen wir aber an Höhe ...

... und die steilen Wände des Pass ragen zu beiden Seiten auf.

Die Straße wird enger und steiler, also auch spannender, wenn uns dicke Wohnmobile entgegen kommen.

An einer engen Stelle wird sogar ein Wasserfall über die Straße hinweg geleitet.

Wir fahren die Strecke bis kurz nach dem Pass mit seiner Siedlung in einem Rutsch und genehmigen uns dann einen großen Cappuccino in der Sonne.

Die Keas am Pass sind mehr an Futter als an Kaffee interessiert.

Bis nach Christchurch ist es nicht mehr weit und wir rufen jetzt, wo wir unsere Ankunftszeit ungefähr abschätzen können, wie angegeben unseren Gastgeber für die nächsten Tage an, um die Schlüsselübergabe zu besprechen. Gestern Abend haben wir doch glatt noch eine relativ große Wohnung mitten in Christchurch zum Schnäppchenpreis entdeckt und natürlich gleich zugeschlagen.

Tja, das war wohl zu früh gefreut. Unser Gastgeber teilt uns am Telefon irritiert mit, dass er aktuell gar nicht da sei, um Schlüssel zu übergeben. Die Wohnung wird im Moment eigentlich gar nicht vermietet, sondern erst ab übermorgen. Es muss ein Fehler im Buchungssystem unterlaufen sein.

Wir gucken ziemlich blöd aus der Wäsche, eine Unterkunft für die nächsten Tage oder wenigstens für heute Nacht muss irgendwie her.

Wo wir letzten Endes gelandet sind und was wir so in Christchurch getrieben haben, darüber gibt es bald ein neues Kapitel.