Nach unseren Tagen in Dunedin, in denen wir eine Schlechtwetterfront an der Westküste abgewartet haben, machen wir uns auf den langen Weg in Richtung Milford Sound. Ab Morgen wollen wir dort für drei bis vier Tage den Greenstone-Caples Track gehen und eine Nacht in einer der vielen Backcountry-Huts übernachten.
Für die knapp 400 km veranschlagt Google gute fünf Stunden Fahrzeit. Dazu noch ein paar Pausen, ein Gang zum Visitor Centre, um vielleicht noch ein paar aktuelle Infos zum Track zu erhalten und noch ein paar Tickets für die Hütten zu kaufen. Es wird also ein langer Tag,...
Um kurz vor 8 Uhr ist alles in Ronny verstaut und wir schlängeln uns durch das Chaos von Schulkindern und den Mama-Taxen vor der Schule gegenüber.
Der erste Stopp ist der nur ein paar hundert Meter entfernte Supermarkt, um die Vorräte für die nächsten Tage aufzufüllen. Danach geht es raus aus Dunedin und über relativ langweilige und teils schnurgerade Landstraßen, Dörfer und Kleinstädte in Richtung Westen.
Eine etwas größere Stadt ungefähr auf der Hälfte der Strecke ist Gore, wo wir in einem Café/Restaurant unsere Mittagspause einlegen. Während es draußen mittlerweile in Strömen regnet, herrscht an der Theke reger Betrieb. Vor allem bei Senioren scheint das Restaurant beliebt zu sein, die sich hier ihr Mittagessen genehmigen.
Ansonsten ist die Kleinstadt eher uninteressant,...
Nach weiteren 1,5 Stunden Fahrt über Land mit seinen grünen Wiesen und endlosen Schafherden, stehen wir auch schon vor dem Visitor Centre in Te Anau. Ab hier wird die Landschaft wieder deutlich spannender, wir sind in den Fjordlands angekommen!
Das Visitor Centre ist ziemlich stark frequentiert und eigentlich erhalten wir kaum neue Infos. Scheinbar ist der Greenstone-Caples Track recht beliebt und man kann nie sagen, wie viel los ist. Es kann vorkommen, dass man im Winter bei überfüllten Hütten ankommt, oder im Sommer alleine unterwegs ist. Aber immerhin scheint es keine aktuellen Meldungen zum Track zu geben, wie etwa unpassierbare Flüsse, deren Pegel durch den Regen in den letzten Tage stark angestiegen ist. Wir kaufen also nur noch ein paar zusätzliche Hütten-Tickets. Eine noch fast volle Gaskartusche von einem Wanderer, der sie nicht mehr brauchte und hier abgegeben hat, bekommen wir dazu geschenkt.
Die letzten 100 km zu unserem Campingplatz in der Nähe des Trails führen uns mitten in die Sounds. Die Straße schlängelt sich zunächst mal durch Wiesen, mal durch Wald entlang des riesigen Lake Te Anau.
Das Wetter ist immer noch recht ungemütlich, daher machen wir uns auf die letzen Kilometer über Schotterpiste zu...
Wir werden freundlich empfangen, zahlen und bekommen noch die Empfehlung lieber weiter oben unser Zelt aufzuschlagen. Letzte Nacht war wohl jemand so geschickt, sein Zelt in einer Senke zu platzieren und wunderte sich dann, als sein Zelt zur Badewanne wurde. Wichtiger ist noch der Hinweis, dass um 18 Uhr ein Bus erwartet wird und es im Aufenthaltsraum voll werden könnte.
Da das noch ein wenig hin ist, schlagen wir erst einmal unser Zelt auf. Danach begeben wir uns im wieder einsetzenden Regen zum Cooking Shelter, wo schon einige Leute am Kochen sind. Wir breiten erstmal all unsere Essensvorräte auf einem der freien Tische aus und entscheiden, was für die nächsten Tage als Verpflegung im Rucksack landet.
Nachdem dieser schwierige Teil erledigt ist, geht es ans Kochen und während wir essen, kommt der angekündigte Bus voller Backpacker an. Wie so oft, sind die meisten Deutsche und haben vermutlich gerade ihr Abi hinter sich. Vor allem aber kocht der ganze Bus inkl. Guide gemeinsam. Die Küche verwandelt sich zum Gruppenraum und unter lautstarken Diskussionen, wer jetzt was zu tun habe, wird geschnippelt und gekocht. An ein Durchkommen ist nicht mehr zu denken. Wir sind froh, dass wir nur noch spülen müssen und verziehen uns in Richtung Zelt.
Ein kleiner Abstecher führt uns noch in das von Mr. Gunn, dem ersten Campingplatz-Betreiber, schon Anfang des letzten Jahrhunderts eingerichtete kleine Museum direkt auf dem Platz. Hier gibt es vom alten Hufeisen, über diverse Zeitungsartikel zur lokalen Geschichte bis zu den alten Gästebüchern des Platzes alles. Ein spannendes kleines Stück Geschichte.
Aber dann heißt es für uns noch schnell eine heiße Dusche und ab ins Zelt, es ist schon dunkel und wir wollen morgen früh los.
Als ich morgens aufwache, fühle ich mich schon etwas merkwürdig, es grummelt im Bauch und ich habe Durchfall. Pia geht es dagegen gut - ob es am Ende der Burger in Gore war? Hätte ich besser auch einen Salat gegessen...
Auch nach dem Frühstück wird es nicht besser, aber noch bin ich fest davon überzeugt, dass wir den Track trotzdem gehen können und sich die kleine Magenverstimmung schnell bessert. Ich fühle mich zwar nicht allzu gut, aber wir packen unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg zum Parkplatz vor dem Traileingang. Nach einem weiteren Gang zur Toilette wird auch mir klar, dass das mit der Wanderung so einfach keinen Sinn macht und Pia ist mehr als froh, als ich das selber einsehe, auch wenn ich enttäuscht bin. Aufgegeben ist die Wanderung noch nicht, wir wollen es die nächsten Tage vielleicht noch einmal von einem anderen Traileingang aus versuchen.
Nachdem wir uns so entschieden haben, sind wir beide erleichtert und entscheiden uns für heute Abend eine Unterkunft in der Umgebung von Te Anau zu suchen, wo ich mich ausruhen kann. Aber da wir schon fast in Milford Sound sind, dem Ende der langen Straße hinein in die Fjorde, wollen wir noch bis zum Ende fahren. Eigentlich eine gute Entscheidung, denn die Landschaft ist genial:
...die Fahrt durch den Tunnel, bzw. das dunkle Loch im Berg, ist mehr als abenteuerlich, seht sebst!
Es gibt nur einen Haken,...
In Milford Sounds angekommen, suchen wir uns einen freien Parkplatz inmitten der Massen an Autos und Campern und...
Außer dem Hafen mit Besucherzentrum und Toiletten gibt es hier nicht allzu viel. Um von hier aus weiter zu kommen, muss man eine Boots-Tour mit einer der vielen Gesellschaften durch die Sounds buchen. Dafür bin ich heute aber wirklich nicht in Stimmung und die Sicht bei dem Wetter auch stark eingeschränkt. Pia besorgt mir nur schnell eine überteuerte Flasche schwarzer Blubberbrause, um meinem Körper etwas Zucker und Flüssigkeit zurück zu geben und wir machen uns lieber schnell wieder auf den Rückweg.
Mir geht es leider eher schlechter als besser und Pia will schnell zurück nach Te Anau und uns eine Unterkunft suchen. Dabei nimmt sie das "schnell" durchaus ernst, was meinem Bauch über die kurvigen Straßen nicht immer gefällt. Nach 2 Stunden Fahrt stehen wir wieder vor dem Visitor Centre in Te Anau, um auf die Toilette zu gehen und auszunutzen, dass es hier wieder Handyempfang gibt, um eine Unterkunft zu suchen.
Soweit schaffe ich es aber nach dem Aussteigen aus dem Auto nicht. Grün angelaufen ist nach zwei Metern zu ein paar Büschen vor dem Visitor Centre Schluss und die Cola sucht sich wieder ihren Weg nach draußen.
Pia traut ihren Augen nicht so ganz, wie ich da grau und wankend vor ihr stehe, aber mir geht es schon deutlich besser. Nach dem ersten Schock fackelt Pia nicht lange und stiefelt schnurgerade zum nächsten Motel über die Straße und besorgt uns ein Zimmer für die Nacht. Das BnB mit inkludiertem Frühstück nebenan hat sie lieber nicht genommen. Unsere teuerste Übernachtung bisher, aber jeden Cent wert - gerade jetzt.
Aber auch sonst ist das Zimmer perfekt mit gut ausgestatteter Kochnische und noch wichtiger: eigenem Bad. Daher entscheiden wir uns am kommenden Morgen einfach noch eine Nacht dranzuhängen, damit ich noch länger ausruhen kann.
An den beiden Tagen ist entsprechend wenig passiert. Am nächsten Tag geht es mir wieder besser und wir verlassen das Zimmer am Nachmittag für einen Kaffee im Zentrum...
Mittlerweile haben wir auch einen Plan für unseren zweiten Anlauf den Greenstone-Caples-Track zu gehen geschmiedet. Der Weg nach Milford Sound ist weit und man ist schlussendlich in einer Sackgasse, die man wieder zurück fahren muss. Aus diesem Grund wollen wir den Trail von der anderen Seite der Berge aus, in der Nähe von Queenstown, starten. Damit könnten wir den Weg gehen, ohne noch einmal einen ganzen Tag für die Fahrt zu verlieren.
Wieder quietschfidel beladen wir Ronny und verlassen Te Anau am späten Vormittag zwei Tage nach unserem Pech. Da wir es nicht eilig haben, machen wir noch einen kleinen Schlenker nach Süden...
Von dort schlängeln wir uns auf einsamen Landstraßen...
...zurück zur Hauptstraße. Trotz Ruhetag gestern sind wir irgendwie müde und legen eine Mittagspause an einem...
In Queenstown angekommen, sind wir froh, dass wir einfach durch die Stadt durchfahren können. Hier ist die Hölle los, die Straßen sind voller Menschen, die sich zwischen Hostels, Kneipen und Anbietern von "Adventure Tours" tummeln. Von Angebote wie Bungee-Jumping über Wasserski, bis hin zum Heli-Drop auf dem Berg und dann mit dem Mountainbike wieder runter, ist alles dabei. Uns ist das alles viel zu viel und wir schlagen uns durch den zähen Verkehr nur kurz zum Supermarkt und zur Tankstelle.
Hinter Queenstown wird es etwas ruhiger, man muss allerdings auf die Rennradfahrer achten, die auf den schmalen Straßen neben dem üblichen Verkehr an Campern und Wohnmobilen unterwegs sind. Wieder frage ich mich, wie man daran Spaß haben kann - ich hätte ständig Angst überfahren zu werden und bin froh, dass ich mit dem Mountainbike immer einen großen Bogen um viel befahrene Straßen machen kann.
Mittlerweile ist schon Nachmittag und wir verlassen den See, um über einige Serpentinen den 200 Meter höher gelegenen Campingplatz am Moke Lake anzusteuern. Von hier aus sind es zwar noch immer knappe 2 Stunden Fahrt über Schotterpisten zum Eingang des Greenstone-Caples Track, aber die geplante erste Wanderetappe ist kurz und der Campingplatz am Moke Lake scheint es wert zu sein.
Der DOC-Campingplatz hat sogar einen etwas schrulligen Campingplatz-Wächter, der am Eingang in seinem Bus wohnt. Nach einer Erkundungsrunde über den Platz...
Kurz darauf kommen schon die ersten sehr neugierigen Nachbarn vorbei.
Während des Essens schleichen teilweise bis zu fünf Enten um unser Zelt und gucken, ob es irgendwo etwas abzustauben gibt. Bei unseren Nachbarn im Camper nebenan sind sie dann erfolgreich, da die beiden versuchen die Enten von sich fern zu halten, indem sie sie mit Brot weglocken. Das Ganze bewirkt natürlich eher das Gegenteil. Wir haben so auf jeden Fall Unterhaltung, auch wenn ich zwischendurch bestimmt eine halbe Stunde eher weniger erfolgreich versuche mit kaltem Wasser das Fett aus der Pfanne zu spülen. Demnächst gibt es nur noch Nudeln!
Nach einer Runde am Ufer entlang mit Blick auf den Sonnenuntergang krabbeln wir ins Zelt und bereiten uns mal wieder auf eine kalte Nacht vor.
Soweit so gut, der Tag ist ohne Panne zu Ende gegangen... Die Nacht aber leider nicht.
Irgendwann zieht unangekündigt ziemlich böiger Wind auf und rüttelt ordentlich am Zelt. Damit haben wir nicht gerechnet und auch die Heringe waren schonmal tiefer im Boden. Die richtige Wahl wäre gewesen sofort aufzustehen, die Heringe noch weiter in den Boden zu treiben und mit zwei weiteren Heringen das Zelt zusätzlich abzuspannen. Aber im Halbschlaf denke ich nicht so weit und wir hoffen, dass das Zelt schon hält.
Gegen 2 Uhr nachts bekommen wir dann die Quittung, als das Zeltdach kuscheln kommt. Bei stürmischem Wind ist das nicht allzu gemütlich und während Pia als Zeltbeschwerer im Zelt bleibt, versuche ich das Zelt um sie herum wieder aufzubauen. Aber bei dem Wind habe ich keine Chance. Es hat zwei Heringe aus dem Boden gerissen und wer weiß wohin geschleudert. Außerdem scheint eine Halterung für das Innenzelt gerissen zu sein, was aber bei der Dunkelheit nicht genauer zu erkennen ist. Na super. Pia wird langsam ungeduldig und will endlich aus dem auf sie eindrückenden, engen Zelt raus, das sich um sie gewickelt hat.
Zum Glück steht Ronny gleich nebenan. Mit Mühe und Not sammeln wir alles aus dem flatternden Zelt zusammen und werfen es auf die Rückbank. Das Zelt bekommen wir irgendwie zusammengepackt und stopfen es in den Kofferraum. Den Rest der Nacht schlafen wir dann wohl im Auto und wissen jetzt auch, warum sich die anderen Camper mit ihrem Zelt hinter den Büschen verkrochen haben. Immerhin setzt der Regen erst ein, nachdem wir es uns im Auto gemütlich gemacht haben und schon fast wieder eingeschlafen sind. Zudem stellt sich der kleine Ronny als eigentlich ganz gemütliche und warme Unterkunft heraus, auch wenn er im Wind etwas schaukelt.
Also alles nochmal gut gegangen. Am nächsten Morgen finden wir sogar die zwei ausgerissenen Heringe wieder und das Zelt ist auch bis auf eine gebrochene Öse heil geblieben, die mit einem Kabelbinder schnell ersetzt ist. Das sollte jetzt aber hoffentlich genug Pech gewesen sein, oder?
Zuversichtlich, dass wir die nächsten Tage wandern gehen können, frühstücken wir im etwas windgeschützten Cooking-Shelter, bevor wir Ronny die Serpentinen wieder herunter jagen und den großen See umrunden, um zum Trail zu gelangen. Die Fahrt zieht sich deutlich länger als gedacht, insbesondere durch einen erneuten Abstecher in Richtung Queenstown bis wir wieder Handyempfang haben und ein letztes Mal das Wetter für die nächsten Tage checken können.
Ca. 15 km vor dem Traileingang wird die Straße wieder zur Schotterpiste. So weit so gut, wären da nicht die Furten hinter Kinloch, durch die man durch müsste. Leider ist Ronny's Bodenfreiheit nicht gerade die größte und Allrad gibt's auch nicht. So stehen wir vor der ersten Furt und begutachten alles zu Fuß, während aus der Gegenrichtung mehrere Kiwis mit SUV's und Jeeps kommen. Allesamt halten sie an und versichern uns, dass wir mit Ronny sicher kein Problem haben würden und die erste Furt die größte sei. So nehmen wir all unseren Mut zusammen und steuern Ronny über den Schotter ins über knöchelhohe Wasser. Und tatsächlich kommen wir ohne Probleme durch!
Wir freuen uns, auch wenn wir wissen, dass es am Montag, also unserem letzten geplanten Tag auf dem Track regnen soll und wir möglicherweise nicht wieder zurück kommen, was bei dieser Sackgasse etwas blöd wäre.
Aber schon bald wird uns die Entscheidung abgenommen, denn in der zweiten Furt ist es soweit und wir bleiben stecken. Mittendrin im fließenden Wasser. Die Räder drehen durch und graben sich nur noch weiter in die losen Steine. Mist! Wenn es nach vorne nicht weiter geht, dann geht es vielleicht zurück. Tatsächlich bewegt sich das Auto und nach ein wenig hin und her sind wir wieder draußen. Und schwer erleichtert!
Am Montag bei Regen wieder zurück? Wir hätten keine Chance gehabt! Es soll wohl einfach nicht sein, dass wir den Greenstone-Caples-Track gehen und wir müssen das nach dem zweiten Versuch jetzt wohl einsehen.
Immerhin keine Panne mitten im Nirgendwo in einer Furt. Auf dem Weg zurück können wir schon darüber lachen und die Fahrt durch die erste "große" Furt zurück wird auf Video festgehalten: klick. Unglaublich spektakulär, oder? :)
Nachdem unser Plan also mal wieder über den Haufen geworfen wurde, entscheiden wir uns spontan mit unseren gepackten Rucksäcken einen Trail zu einem Gletschersee zu gehen, den wir am Wegesrand entdecken. Es ist zwar schon Nachmittag und der Trail geht ordentlich bergauf, aber vielleicht findet sich unterwegs ja ein Plätzchen für die Nacht?
Zwischendurch bin ich etwas angefressen - schon wieder so ein Waldtrail ohne Aussicht.
Nach zwei Stunden Wanderung und knapp 500 Höhenmetern ändert sich auf einmal die Vegetation schlagartig.
Irgendwo weiter hinten gibt es möglichweise wirklich einen Gletscher-See. Wir begnügen uns aber mit der Aussicht von weiter unten, es ist schon spät und wir bekommen langsam Hunger.
...aber es fängt an zu tröpfeln, als wir gerade kochen wollen. Außerdem ist es hier oben ganz schön kalt und so treten wir wieder den Rückweg an.
Direkt am Waldrand gäbe es eine perfekte Stelle zum Campen und wie es aussieht, wären wir auch nicht die Ersten. Das Problem ist nur, dass der Zeltplatz zu hoch liegt und die Nacht sicherlich zu kalt wird. Darauf wollen wir uns dann doch nicht einlassen.
Das mit dem Regen hat sich schnell erledigt und weiter unten finden wir einen bequemen Baumstamm und schmeißen den Kocher an.
Leider findet sich auch auf dem Rückweg kein unauffälliger Zeltplatz, auch wenn wir ein paar suchende Runden durchs Unterholz drehen. Ganz unten am Traileingang ist eine ausgedehnte Wiese, allerdings ist auch die Straße nicht weit und Freedom Camping vermutlich sowieso nicht erlaubt.
Irgendwann finden wir doch eine Stelle hinter ein paar Büschen weit ab vom Trail und unser grünes Zelt findet man sowieso nicht so schnell. Wie immer: Bei Sonnenuntergang aufbauen und bei Sonnenaufgang wieder verschwinden ohne Spuren zu hinterlassen - Passt schon. Es bleibt sogar noch Zeit für ein sehr kurzes und sehr kaltes Bad an einer einsamen Stelle im Gletscherfluss, bevor wir frisch gebadet all unsere Lagen anziehen und in unsere Schlafsäcke kriechen. Heute Nacht hält das Zelt hoffentlich, immerhin hatten wir unsere Panne für heute schon!
Diesmal verläuft die Nacht ruhig und ohne Wind oder Regen, nur die Feuchtigkeit vom Tau kriecht morgens von unten ins Zelt. Eigentlich war die Nacht auch sehr angenehm und nur die Füße kalt, aber als wir früh morgens aus dem Zelt steigen, staunen wir nicht schlecht.
Die Nacht muss die kälteste bisher gewesen sein, auch wenn wir am Mt. Cook in unseren dünnen Sommerschlafsäcken definitiv mehr gefroren haben.
Auch am Auto erkennen wir, wie kalt es war, denn auf den Scheiben liegt eine dicke Eisschicht. Einen Kratzer gibt es natürlich keinen, also muss die Tube Sonnencreme falsch herum als Eiskratzer herhalten. Wir werden dabei aufmerksam aus dem Wohnwagen nebenan beäugt, wo gerade der Kaffee aufgetischt wird, während die Standheizung leise vor sich hin summt. Wir beachten unsere Nachbarn aber nicht weiter und gucken, dass wir hier weg kommen.
Nachdem die Beifahrerseite vom Eis befreit ist, bemerkt Pia, dass Ronny das Lenkrad irgendwie auf der falschen Seite hat. Immerhin können so beide etwas sehen :)
Nach ein paar Metern im Auto schmilzt das Eis von der Scheibe und wir finden eine sonnige Stelle, an der wir Halt machen und frühstücken.
Da wir keinen Plan für heute haben, beschließen wir uns auf den Weg in Richtung Westküste zu machen und abzuwarten, was uns unterwegs begegnet.
Hinter Queenstown, das wir nur mit kurzem Halt am Visitor Centre durchqueren, biegt ein "Scenic drive" links in die Berge ab. So kriechen wir hinter Wohnmobilen die Serpentinen nach oben - nicht, dass Ronny schneller fahren könnte.
...bis wir in Cadrona einen Stop einlegen.
Mittlerweile haben wir auch einen Plan für den Tag. Da wir heute früh los gekommen sind, haben wir noch viel Zeit und auf meiner Karte führen ein paar Linien zu diversen Hütten in den Bergen. Nach kurzer Recherche online entscheiden wir uns für den Weg zur Meg Hut, einer Hütte mit Ofen und zehn Betten auf knapp 1000 m Höhe, die wir nach einer dreistündigen Wanderung erreichen sollen.
...fahren wir auf den Parkplatz hinter einer Farm und schultern unsere Rucksäcke. Wir zählen kurz die restlichen Autos durch, insgesamt zwei Stück, also sollten noch genug Betten in der Hütte frei sein.
Nach gut zwei Stunden inkl. Pause...
Schon von oben sehen wir einige Leute an der Hütte und steigen frohen Mutes ab.
Aber klar, nach den Pleiten der letzten Tage muss auch heute noch irgend etwas schief gehen. Was wir nämlich nicht berücksichtigt haben: Heute ist Ostersonntag! Und die Hütte voll. Ein Bett gäbe es zwar noch, auf das wir uns quetschen könnten oder einer müsste auf dem Boden schlafen. Ginge zwar, aber schön ist anders. Und unser Zelt haben wir sowieso im Auto gelassen, denn hier oben ist es nachts definitiv zu kalt.
Wir überlegen kurz und beschließen in den sauren Apfel zu beißen und kehrt zu machen. Wie gestern schleppen wir unnötigerweise die großen Rucksäcke rauf und wieder zurück ins Tal. Immerhin ist für morgen schwerer Regen mit Sturm gemeldet und der Abstieg wäre sicher ungemütlich geworden, was unsere Enttäuschung etwas mildert.
Auf dem Weg begegnet uns noch ein Mädel, die ebenfalls auf dem Weg zur Meg Hut ist. Es wäre also defintiv voll geworden. Immerhin bekommt sie so das hoffentlich noch freie Bett und wir suchen uns etwas anderes für die Nacht.
Als wir bei Ronny ankommen ist es schon kurz vor 18 Uhr und bald wird es dunkel. Höchste Zeit eine Unterkunft zu suchen! Leider ist das an Ostersonntag in dieser Gegend nicht allzu einfach. Bei Booking suchen wir etwas zu lange, denn als wir buchen wollen, ist die Unterkunft weg. Bei AirBnB müssen wir überall anfragen und können nicht sofort buchen, allerdings bleibt unsere Anfrage lange unbeantwortet.
In der Hoffnung doch noch eine Antwort zu bekommen, machen wir uns schon einmal auf den Weg - leider liegt die Unterkunft genau in die entgegengesetzte Richtung, in die wir eigentlich wollen. Aber was soll's, die Hoffnung stirbt zuletzt!
Nach einiger Zeit Fahrt wird uns klar, dass das mit einer Unterkunft heute wohl doch nichts mehr wird. Mittlerweile ist es auch stockdunkel und wir haben Hunger. Die beste Entscheidung treffen wir, als wir in Alexandra eine halbe Stunde vor Ladenschluss ein Restaurant ansteuern.
Das hebt die Laune etwas und auch die Entscheidung, wo wir schlafen ist getroffen: Es wird eine Nacht im Auto werden. Zelten ginge zwar auch, aber einerseits ist es spät und stockfinster, andererseits ist die Aussicht auf eine weitere Nacht mit Regen und Wind nicht wirklich einladend.
Die Suche nach einem Parkplatz für die Nacht ist zeitraubender, als gedacht, schließlich steuern wir Ronny gegen 22 Uhr auf einen kostenlosen Campingplatz direkt an der Hauptstraße und quetschen uns auf einen freien Platz zwischen ein paar Campern.
Dass die Nacht nach dem gestrigen Tag sonderlich angenehm war, kann man leider nicht sagen, aber wirklich schlecht war sie auch nicht. Auch der starke Regen bleibt vorerst aus. So frühstücken wir morgens im Auto und machen uns auf den Weg nach Haast - aber nicht bevor wir eine Unterkunft gebucht haben!
Den Tag verbringen wir weitestgehend im Auto, um die 220 km an die Westküste zurück zu legen. Als neben der Straße auf einmal ein Flugfeld mit Unmengen an alten Flugzeugen auftaucht, die reihenweise die Startbahn verlassen, halten wir an. Hier war das Wochenende über das Wanaka-Airport Race, eine Flugshow. Heute ist Abreisetag und wir schlendern entlang des Rollfeldes und bestaunen...
Insbesondere bei einer riesigen Propellermaschine, die erst kurz vor Ende der Startbahn abhebt und sichtlich zu kämpfen hat, um an Höhe zu gewinnen, fiebern wir mit, dass die Berge weit genug weg sind. :)
Danach schlängeln wir uns die verbliebenen Kilometer durch Regen und über den Pass. Haast besteht neben ein paar wenigen Häusern und dem Visitor Centre nur aus einer Tankstelle, einem Motel/Holiday Park und einem winzigen Supermarkt. In jenem Motel beziehen wir ein riesiges (und teures) Zimmer, genießen die warme Dusche ...
Bis morgen früh sind hier 130-150 mm (!) Regen gemeldet. Es regnet, wie ich es noch nie erlebt habe und immer wenn man denkt, dass nicht mehr geht, legen die Wolken noch einmal nach. Weil wir schon mittags da waren, können wir von unserem trockenen Domizil aus prima reihenweise Campervans und Wohnmobile beobachten, die hier in strömendem Regen ankommen - Wir beneiden sie nicht.
Wir sind mehr als froh um das Dach über unserem Kopf und legen uns auf unsere Heizdecken ins Bett. Auch in Neuseeland sind Zentralheizungen kaum anzutreffen, daher gibt es neben elektrischen Heizöfen tatsächlich sehr oft Heizdecken auf den Matratzen.
Wir schlafen nach den ereignisreichen letzten Tagen sehr gut und hoffen auf mehr Glück in den nächsten Tagen. Da mehr oder weniger Dauerregen vorhergesagt ist (typisch Westküste), haben wir die nächsten Unterkünfte heute Abend schon gebucht, das sollte schonmal klappen. Unser Intermezzo voller Pleiten, Pech und Pannen ist damit hoffentlich vorbei.
Ob sich unsere Hoffnung da erfüllt, das lest Ihr in unserem nächsten Kapitel.