Der Abschied vom Lake Ohau fällt uns schwer, zu schön war die Aussicht direkt aus dem Zelt und der See hat mit seinem klaren Wasser auch alle Möglichkeiten geboten. Zugegeben, die Schwimmeinlage war ziemlich kalt, aber erfrischend und in Ermangelung einer Dusche keine schlechte Sache.
Unser grobes Ziel bis zur Rückgabe unseres Mietwagens Ronny in knapp zwei Wochen ist die südliche Hälfte der Südinsel zu umrunden und von der Westküste aus nach Christchurch zurück zu fahren. Für die Erkundung der übrigen Insel planen wir einen weiteren Mietwagen ab Christchurch zu buchen. Das Ende unserer Zeit in Neuseeland ist also noch nicht abzusehen.
Für heute Abend ist das erklärte Ziel aber vorerst ein anderes. Die Wettervorhersage meldet Regen und Sturm für den Anfang dieser Woche. Und wir möchten dafür gerne ein festes Dach über dem Kopf haben und nicht darauf vertrauen, dass unsere Heringe in diesem steinigen Boden halten.
Wir steuern für heute Abend also die Studentenstadt Dunedin an der Ostküste an, in der wir gerade eben vom Seeufer aus, Dank unserer mobilen SIM-Karte, für die kommenden zwei Nächte ein Zimmer in einem Bed & Breakfast gebucht haben.
Von dort aus wollen wir den Schlechtwetter-Dienstag nutzen, um nach Te Anau und Milford Sound im Fjordland zu kommen. In den Fjorden wollen wir, wenn das Wetter es wieder zulässt, endlich zu einer Mehrtagestrekkingtour starten.
So sehen sie also aus, unsere Pläne. Aber jetzt auf nach Dunedin!
Weiter als die ersten 70 km kommen wir auf der Strecke allerdings erstmal nicht, die Gegend ist einfach zu schön. Das Kraftwerk mit dem Staudamm lassen wir links liegen. Wir haben uns einen kleinen Rundweg am Lake Benmore in der Nähe ausgesucht, um nicht den ganzen Tag im Auto zu sitzen.
Es geht zügig einige Höhenmeter durch den Nadelwald bergauf und am Hügelkamm erhaschen wir den ersten Ausblick über den See.
Auf dem Weg zum eigentlichen Gipfel treffen wir einen netten älteren Briten, der öfter in Neuseeland ist und irgendwie den Abzweig zum Aussichtspunkt verpasst hat. Wir nehmen ihn mit, während er uns einiges über die Insel und die Gegend um Dunedin erzählt.
Es war nur eine kleine Runde und nach einer kurzen Picknickpause am Seeufer, als wir wieder unten sind, fahren wir weiter zurück zur Ostküste. Schnurgerade führt die Straße durch sattgrüne Wiesen voller Schafe und durch kleine Ortschaften.
An der Küste ist die nächstgrößere Stadt Oamaru, bekannt für seine Häuser aus Kalkstein. Einen längeren Stopp haben wir hier nicht geplant, es ist mittlerweile früher Nachmittag und noch einige Kilometer nach Dunedin zu fahren. Auf den neuseeländischen Highways, eher wie Landstraßen, kommt man nicht allzu schnell vorwärts.
Wir fahren langsam durch den Ort und an der Whitestone Käserei vorbei, berühmt für ihren hier in kleiner Produktion hergestellten Käse, die aber leider geschlossen hat. Im Zentrum kommen wir an der mitten auf der Straße schräg aufgestellten alten Lok des futuristischen Steampunk-Museums vorbei. Von diesem Anblick abgelenkt, biegen wir einfach mal in die Nebenstraße ein und landen auf der Rückseite vom alten Bahnhof.
Hier fährt eine alte Dampflok als Touristenattraktion hin und her. Die Asiaten sind fleißig am Knipsen. Was wir aber viel witziger finden, ist die "Gipsy Fair", ein Hippie-Markt, der gerade hier stattfindet.
Die Bewohner dieser bunten Wagen, alle sehr alternativ gekleidet, bieten davor ihre Waren und Handarbeiten an.
Wir spazieren ein wenig herum und machen ein paar Bilder von den Whitestone-Gebäuden, für die Oamaru bekannt ist.
In dieser Gegend wird und wurde früher der weiße Kalkstein zum Bau der Häuser verwendet. Dadurch wirken die alte Post, die heutzutage das Government-Büro beherbergt, und an der wir vorbei fahren, und andere Gebäude viel beeindruckender.
Es ist später Nachmittag und eigentlich sollten wir uns an die Weiterfahrt nach Dunedin machen, aber in Oamaru gibt es zwei verschiedene Arten Pinguine, die hier ihre Kolonien haben. Die Gelbaugen- und die seltenen blauen Pinguine. Warnschilder, die vor Pinguinen warnen, die die Straße queren, gibt es an mehreren Stellen. Die kleinen Kerle watscheln wohl gerne über die Küstenstraße.
Zu Sonnenuntergang werden Touren von verschiedenen Agenturen zur Pinguinbeobachtung angeboten. Bis dahin zu warten haben wir leider keine Zeit. Wir würden die Tiere gerne sehen, aber haben auch gehört, dass diese kommerziellen Touren nicht immer artgerecht ablaufen.
Darauf verzichten wir lieber und fahren quer durch die Stadt und ein Wohngebiet am Friedhof vorbei zum Strand. Hier gibt es eine Aussichtsplattform für Besucher, und ein paar Infotafeln über die am Strand unter uns nistenden Pinguine. Leider sehen wir keinen von ihnen und bis zum Sonnenuntergang, wenn sie nach dem Fischen wieder an Land kommen, ist es noch einige Zeit hin.
Wir genießen trotzdem die Aussicht über die Steilküste und steigen dann wieder in unseren treu wartenden Ronny.
Kaum aus der Stadt raus, kommen wir schon wieder nicht weit. Am Strand von Moeraki liegen die bekannten kugelrunden Boulder und wir fahren sowieso direkt daran vorbei. Diesen Halt können wir uns also nicht entgehen lassen.
Neben uns laufen noch einige andere Touristen herum, was Thomas nicht begeistert. Alleine sind wir hier leider nicht, aber die Menschenwelle ebbt ab und diese komplett runden Steine sind fotografisch einfach beeindruckend.
Die Gesteinsbrocken sind vollständig vom Meer rund geschliffen und die Kugeln liegen in diesem Abschnitt vom Strand gehäuft herum.
Einige Boulder sind auseinander gebrochen. Die Einzelteile sehen aus, als hätte jemand mit bolivianischem Superkleber versucht die Einzelteile wieder zusammen zu setzen.
Der Herr bekommt langsam auch Spaß an der Sache....
So cool und witzig es auch ist zwischen den dicken Kugeln herum zu klettern oder einfach raus aufs Meer zu schauen, wir müssen wirklich los. Auf Neuseelands Straßen brauchen gute 100 km einfach länger als bei uns daheim auf der Autobahn.
Als wir nach insgesamt 240 km endlich in Dunedin einlaufen, müssen wir kurz vor unserem gebuchten Bed & Breakfast noch eine der steilsten Straßen der Stadt hoch. Wer glaubt die steilste Straße der Welt gäbe es in San Francisco, der ist falsch informiert. Die steilste Straße liegt in einem Außenbereich von Dunedin, wenn wir Zeit haben, steuern wir sie morgen noch an.
Es bietet einen prima Überblick über die Stadt und auch drinnen sieht es aus, wie in alten Zeiten. Wir wohnen im Blumenzimmer, viel Platz, alte Einrichtung und Heizdecken im Bett! - Etwas Oldschool, aber urgemütlich!
Schnell die Sachen abgestellt und ab in die Stadt, ein Abendessen muss her!
Inzwischen ist es dunkel und irgendwie ist auf der Straße nicht mehr viel los. Einige Bars und Pubs haben geöffnet, aber viele Restaurants auch (schon) geschlossen. Von einer Studentenstadt haben wir uns etwas anderes erwartet. So ganz entscheiden, in welchen der Läden wir gehen sollen, können wir uns zunächst nicht. Am Ende landen wir in einer Craft Beer Bar, deren Küche gleich schließt. Pulled Pork Burger und Risotto hauen sie für uns vorher noch raus und ab dem zweiten Bier ist die Kellnerin auch viel freundlicher.
Am folgenden Tag kommen wir nach dem Frühstück nur langsam in die Füße. Das Wetter ist noch gut, vom angekündigten Regen kommt hier bis jetzt nichts runter. Waschen dürfen wir im BnB erst heute Nachmittag, bis dahin entscheiden wir uns ein bisschen die Stadt zu besichtigen.
Neben der schon beschriebenen steilsten Straße ist die University of Otago, eine alt ehrwürdige Institution, eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten. In der ganzen Stadt haben viele viktorianische Häuser die Jahrhunderte überdauert und stehen heute noch.
Am Oktagon, dem Stadtzentrum, steht neben der Town Hall die beeindruckende St. Paul's Cathedral.
Vor der Kirche steht die Statue des schottischen Dichters Robert Burns, der als einer der Stadtväter betrachtet wird. Lyrik und Dichtung sind auch heute immer noch die wichtigsten Studienrichtungen an Dunedins Uni.
Im DOC-Centre um die Ecke holen wir uns erstmal Informationen über die Tracks, die wir im westlichen Fjordland machen könnten, wenn das Wetter es denn zulässt. Die Dame ist sehr hilfsbereit, checkt für uns nochmal das Wetter und zeigt uns noch einige andere Mehrtageswanderungen, die wir in unterschiedlichen Ecken machen könnten, je nachdem, wo es weniger regnet.
Die Strecke, die wir uns bisher ausgesucht hatten, sieht auf der Karte ganz gut aus, in der Realität ist sie momentan wohl eher ein Matschloch - Gut, dass wir gefragt haben.
Wir schlendern weiter durch die Läden, entdecken noch ein paar Kleinigkeiten, um unsere Ausrüstung zu ergänzen, und biegen in die Straße ein, die am Gerichtsgebäude vorbei auf den Bahnhof zuführt.
In der Seitenstraße entdecken wir ein Gebäude, das wir so weit im Zentrum gar nicht erwartet hätten: ...
Cadbury ist die beliebteste Schokolade in Neuseeland, von einigen Kiwis haben wir wirkliche Schwärmereien gehört, und genauso lila wie bei uns Milka.
Die ursprünglich britischen Schokoladenhersteller haben vor einigen Tagen die Fabrik hier in Dunedin geschlossen. Auch die beliebte Ananas-Schokolade, die hier hergestellt wurde, wird wohl aus der Produktion genommen. Viele Hundert Dunediner, die teilweise seit mehreren Familiengenerationen in der Fabrik gearbeitet haben, sind arbeitslos. Das Schokoladenmuseum bleibt, was weiter, auch mit der Wirtschaft der Stadt passiert, ist unklar.
Gleich nebenan steht das anscheinend "meist fotografierte Gebäude Neuseelands": ...
Ich gebe zu, es hat einige Anläufe und verschiedene Positionen gebraucht, bis der gesamte Bahnhofstrakt wirklich auf einem Bild war. Aber er ist wirklich beeindruckend anzusehen.
Der Bahnhof ist restauriert und hergerichtet und bietet auch ein eigenes Museum, aber die Züge rollen immer noch im Normalbetrieb von hier ab und hierher.
Während ich um den Bahnhof renne und Fotos mache, macht es sich der Herr davor im kleinen Park auf einer Bank gemütlich und guckt mir belustigt zu.
Genug der Stadtbesichtigung, seit dem Frühstück gab es nichts mehr zu essen und unsere Mägen melden sich. Kurz vor Ladenschluss (Cafés schließen in Neuseeland zwischen 15 und 16 Uhr!) landen wir in einem witzigen Café um die Ecke und finden zum koffeinhaltigen Heißgetränk auch etwas, um den Bauch zufrieden zu stellen.
Die Möbel und Tassen sind alt, das Essen aber überaus frisch und lecker. Burrito und mexikanisches Pfännchen sind scharf und echt lecker.
Ewig lange sitzen bleiben können wir leider nicht. Das Café möchte schließen und in unserer Unterkunft ist hoffentlich die Waschmaschine frei.
Den Rest des Abends nutzen wir ausgiebig Waschmaschine und Trockner des Hauses, recherchieren über Wetter und Wandermöglichkeiten und arbeiten ein wenig am Blog.
Das Sushi, was wir uns zum Abendessen als Takeaway (Die Kiwis lieben Takeaways) geholt haben, ist nicht besonders gut, aber am Feiertag von Otago trotzdem zum Studentenpreis. Für uns reicht's und es passt prima zu den Zeiten des Trockners, den wir angestellt haben.
Am Ende des Abends ist wieder alles sauber, unsere Sachen halbwegs für die Wanderung gepackt und wir im Eimer.
Wenn die Wettervorhersage sich nicht komplett ändert, machen wir uns morgen bei angekündigt strömendem Regen auf in den Südwesten der Südinsel nach Te Anau. Von den Milford Sounds wollen wir dann 4 Tage lang den Greenstone-Caples-Track laufen.
Aber das ist eine ganz andere Geschichte, dazu gibt es ein neues Kapitel.