Dieses Fazit kommt wie schon das erste aus Südafrika ohne Anspruch auf Vollständigkeit etc. daher.
Bolivien wird hauptsächlich als Andenland wahrgenommmen. Tatsächlich besteht auch ein großer Teil des Landes aus Hochebene und Gebirge, aber die Feuchtgebiete und Zonen des Regenwaldes gen Osten Richtung Paraguay und Brasilien sind nicht zu vergessen.
Wir haben uns, hauptsächlich, da es Regenzeit war und es in den flacheren Gegenden in den Regenwaldgebieten zu schweren Überschwemmungen kam, dagegen entschieden diesen Teil des Landes zu besuchen. Urwald- und Tierexpeditionen sind aber insbesondere um Rurrenabaque und in den Nationalparks rund um La Paz sehr populär. Thomas hätte gerne den Choro-Trek von La Paz aus gemacht, hier wurden wir aber vom Wetter und unseren Mägen ausgebremst.
Von den Hochebenen haben wir wesentlich mehr gesehen und waren immer wieder überrascht und beeindruckt, wie schnell man hier Minimum über die 3000 Höhenmeter kommt. La Paz selbst liegt als Regierungssitz Boliviens auf 4000 Metern. Hier oben ist es generell kalt und unwirtlich.
Lamas, Vicuñas und Alpacas kommen hier oben aber einigermaßen klar und dienen als Woll- und Fleischlieferanten und auch als Lastentiere. Ansonsten ist die Tierwelt hier oben eher karg.
Ganz im Südwesten an der Grenze zu Chile liegt die Salar de Uyuni, die ein wirklich herausragendes Stück Natur in den Anden ist. Hochebene und Salzwüste kombiniert ist schon unglaublich.
Und wenn man dann dort oben umher fährt und auf einmal Horden von Flamingos in den Lagunen herumstaken, glaubt man sich im falschen Film. Irgendwie haben diese langbeinigen Vögel hier eine Nische zum Überleben gefunden.
Genau auf der gegenüberliegenden Landesseite teilt sich Bolivien den höchsten schiffbaren See der Erde, den Titicaca-See, mit Peru.
Der See ist wunderschön anzusehen, auch das Wasser wirkt klar, aber durch die unzureichende Klärung der Abwässer ist er stark verschmutzt. Dazu kommt die Überfischung, sodass die Forelle im Restaurant am Titicaca-See nur noch selten aus eben jenem kommt.
Beeindruckend ist auch, dass die Menschen es irgendwie schaffen auch auf über 4000 Metern Höhe Quinoa und Mais in den kargen Hochebenen anzubauen. Auf dem Weg zum Canyon auf unserer Jeeptour sind wir durch etliche Felder gefahren.
Der große Anteil der Menschen lebt in diesem Land weit unter der Armutsgrenze. Die Menschen in La Paz sind verhältnismäßig reich, wobei El Alto, per Definition eine eigene Stadt, mit den Zahlen der schwer von Armut betroffenen Menschen explodiert. Fließendes, geschweige denn warmes Wasser und Elektrizität sind keine Selbstverständlichkeit.
Oft wird selbst für Kleinigkeiten Geld verlangt. Geld für Fotos mit den Einheimischen oder Indigenen haben wir jedoch nie bezahlen müssen, wie viele andere Reisende berichten.
Im Allgemeinen muss man sagen, sind wir von den Bolivianern immer freundlich behandelt worden. Je mehr es in die Höhe der Anden ging, desto wortkarger kamen die Leute uns aber vor.
Farbenfrohe, traditionelle Kleidung ist bei den Frauen des Landes sehr beliebt. Man könnte meinen, dass sich Kleidung seit dem 17. Jahrhundert nicht verändert hat. Traditionelle Kleidung gibt es bei Männern dagegen selten.
Was trägt sie also? Einen weiten, etwas über knielangen Faltenrock oft in Pastell- oder dunklen Farben. Dazu einen Strickpullover und darüber oft noch eine Strickweste. Eventuell ein großes Schultertuch. Und um die Schultern bzw. auf dem Rücken ein großes, buntes Lastentuch, am Liebsten in pink. Dieses Tuch ist meist schwer beladen entweder mit den Einkäufen oder dem Nachwuchs, der recht lange herumgetragen wird. An den Beinen dicke Perlonstrümpfe mit Strumpfhaltern oder eine wollene lange Unterhose. Unabhängig von den Außentemperaturen aber immer Sandalen, die die Zehenpartie frei lassen.
Die Krönung des Ganzen bzw. des Hauptes stellt ein Hut dar, der regional unterschiedlich ausfällt. Richtung chilenischer Grenze haben wir oft breitkrempige Hüte gesehen, ähnlich Cowboyhüten. Im Landesinneren Richtung La Paz sind eher Bowlerhüte in Mode.
Unter dem Hut heraus schauen zwei dicke, schwarze Zöpfe, die geflochten bis auf die Hüfte fallen. Da kommt als Frau schonmal Neid auf...
Zum Thema Menschen muss man einfach auch die Märkte erwähnen, die ein Teil der Lebenskultur sind. Das bedeutet Marktschreierei, Feilschen und eine Unmenge unterschiedlicher Sachen direkt nebeneinander zu kaufen. Ein irres Chaos, durch das wir uns gerne haben treiben lassen - siehe hierzu auch der Bericht aus El Alto im Kapitel La Paz.
Wenn nicht gerade Markt ist, gibt es alles Notwendige (vor allem Süßkram) an Straßenständen.
Der Karneval ist ebenfalls ein sehr bedeutender Bestandteil des bolivianischen Lebens im Februar. Kostüme, Umzüge und Musik sind hier im Gegensatz zu z.B. Brasilien von Tradition und Religion geprägt. Es ist natürlich ein riesiges Volksfest mit Spaß und jeder Menge Alkohol. Der Karnevalsumzug endet aber mit Wünschen und Gebet in der Kirche und angeblich zahlen (zumindest einige), dass sie am Umzug teilnehmen dürfen!
Die Landessprache ist auch hier Spanisch, wobei wir festgestellt haben, dass die Bolivianer langsamer und damit für uns verständlicher sprechen, als z.B. die Chilenen. Mit Englisch hat man nur seltenst Erfolg.
Zu unseren Fortschritten in der Kenntnis der Spanischen Sprache haben wir an anderer Stelle ja bereits ausführlich berichtet.
Armenviertel im engeren Sinne lassen sich hier kaum abgrenzen, da der Großteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt. Es gibt eher "Reichenviertel". In La Paz leben eben die betuchteren Menschen in La Paz, im Talkessel, die arme Bevölkerung in El Alto oberhalb des Hanges.
Die Vermögenderen leben in westlich anmutenden Hochhäusern oder Kolonialbauten und die Ärmeren in meist nicht fertig gebauten Häusern aus rohem Backstein oder in Lehmhütten. Das WC ist in vielen Fällen ein Plumpsklo außerhalb im Hinterhof.
Die Menschen leben von der Hand in den Mund und oft autark alleine von der Landwirtschaft, die wie vor mehr als 100 Jahren betrieben wird.
Kinderarbeit ist offiziell verboten, ohne die Mithilfe der Nachkommen ist eine Existenz und Ernährung der Familien aber meist nicht möglich. Die Zustände in den Minen im Landesinneren haben wir (zum Glück) nicht gesehen.
Was ich merkwürdig bzw. auffällig fand, war, dass es auf jedem noch so kleinen Haus im abgelegensten Dorf auf den Häuserwänden Werbung für die Telekommunikationsunternehmen gab. Im Handyshop traf man aber auch die ältere Dame vom Ministand neben an in ihrer traditionellen Tracht - Komischer Kontrast. Aber in den verschiedenen Lagen an Kleidung ist mehr als genug Platz für ein Smartphone.
Über Taschendiebstahl und Raubüberfälle bevorzugt auf dem Markt in El Alto haben wir im Vorfeld viel gehört und gelesen. Passiert ist uns am Ende zum Glück nichts. Auch hier wieder einmal der Verweis zum gesunden Menschenverstand und dem Bauchgefühl. Nachts durch dunkle Gassen zu laufen ist selten eine gute Idee.
Wenn man Taxi fährt sollte man darauf achten, ein registrieres Radiotaxi zu erwischen, um nicht bei irgendeiner windigen Privatperson einzusteigen. Und auf gar keinen Fall den Zustieg anderer Leute erlauben.
Busfahren in Bolivien ist immer abhängig von Qualität und Alter des Busses. Wir haben uns Busse und Agenturen jedes Mal vor dem Ticketkauf angesehen, vor allem, wenn es um eine Nachtfahrt ging. Viel hört man auch von betrunkenen Busfahrern - uns ist das zum Glück (soweit wir wissen) nicht passiert. Das Pausenzeiten eingehalten werden ist allerdings eher unwahrscheinlich.
Wir haben in Brasilien ja über die elektrischen Duschköpfe geschrieben. In Bolivien gibt es diese auch, lediglich in einer etwas anderen Dimension. Oft befindet sich der Sicherungskasten mit in der Dusche und ist abgeklebt, damit man den Strom ja nicht ausschaltet.
Die Kabel gucken oft wirr oben aus dem teilweise verschmorten Duschkopf. Und wenn die Drehknöpfe für das Wasser mit Isolierband umwickelt sind und auf dem Boden eine "Antirutschmatte" liegt, dann wundert man sich auch nicht mehr, wenn man einen gewischt bekommt. Einmal hatten wir sogar einen Lichtschalter in der Duschecke.... Nichtsdestotrotz haben wir oft warm geduscht.
Langstreckenbusse sind auch hier, wie in den Ländern zuvor das Transportmittel der Wahl. Auf der Kurzstrecke kommen die Leute morgens mit dem lokalen Bus aus dem Dorf zum Feld, auf die Arbeit, zur Schule oder an den Aussichtspunkt, um ihre Waren zu verkaufen. Busfahren ist dementsprechend hier unglaublich günstig. Den unten errechneten Preis von 5 Cent pro Kilometer haben wir uns nicht ausgedacht.
Im Gegensatz zu z.B. Argentinien und Brasilien existieren hier auch Bahnverbindungen für längere Strecken, allerdings ist das Streckennetz der Busse deutlich besser ausgebaut. In der Regel braucht die Bahn auch länger als der Überlandbus und ist teurer. Die schlechtere Alternative also.
In den Städten fahren sogenannte Collectivos, die den Nahverkehr abdecken. In La Paz fahren hier Minibusse und Micros, diese uralten amerikanischen Busse für wenige Centavos von A nach B.
Das Vorwärtskommen in diesen Kleinbussen ist besonders zur Hauptverkehrszeit (eigentlich rund um die Uhr) in den verstopften Straßen schwierig. In die Busse werden so viele Leute gestopft, wie nur eben geht und dann geht es ab durch die Abgase, die schwarz rußend aus dem Auspuff des Vorfahrenden kommen. Eine witzige und interessante Erfahrung, trotzdem sind wir froh, hiermit nicht täglich zur Arbeit fahren zu müssen.
Autos sind man hier kaum, auch auf dem Land selten. Mal ein Pick-up, ein Motorrad oder ein Kleinlaster kamen uns entgegen.
In La Paz hat eine U-Bahn alleine aufgrund der Höhenunterschiede zwischen den Stadtteilen keine Chance. Stattdessen hat man hier vor einigen Jahren angefangen die Stadt mit einem Seilbahnsystem zu versorgen. Unter österreichischer und schweizer Führung ist hier so in für bolivianische Verhältnisse kürzester Zeit ein großes neues Verkehrsnetz entstanden. Die Fahrt von El Alto am oberen Stadtrand in den Stadtkern dauert nun mit dem ganzen Verkehrschaos nicht mehr eine Stunde mit dem Minibus, sondern nur noch 10 Minuten. Das entlastet die Abgassituation, die hier im Talkessel wirklich unglaublich schlecht ist, auf lange Sicht sicher sehr.
Wie das mit der Finanzierung auf Dauer funktionieren soll ist uns unklar. Damit die Bewohner die Seilbahn auch nutzen, hat man beschlossen den Fahrpreis etwa auf den der Minibusse anzupassen. Dieses Konzept geht, was die Frequentierung angeht auf, wie die Seilbahn aber für nur wenige Centavos auf Dauer ohne staatliche Mittel unterhalten werden soll ist schleierhaft.
In der Stadt Oruro, landesweit bekannt für ihren ausgelassenen Karneval, wird gerade ebenfalls am Bau einer Seilbahn gearbeitet.
Und zur Barrierefreiheit.... Aufgefallen ist mir in La Paz nur ein einziger abgesenkter Bordstein bzw. eine Rollstuhlrampe: ....
Wie es danach im Inneren oder gar im Bus für jemanden mit Gehbehinderung weitergehen soll ist die große Frage. Wir sind eben in Bolivien und nicht in Europa.
Bolivianer lieben, wie die anderen Südamerikaner scheinbar auch, gefüllte Teigtaschen. Sie heißen hier Salteñas oder Empanadas. Probiert haben wir sie irgendwie im Rückblick nicht.
Die Grundnahrungsmittel der bolivianischen Küche sind Reis, Mais, Kartoffeln und vorherrschend Quinoa. Quinoa wird verarbeitet zu Suppen, Salaten, als Beilage, Fleischersatz und als Sättigungsmittel für die vielen Menschen mit weniger Geld, die ihn meist auch selber anbauen.
Suppen sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung, vor jedem Hauptgericht gibt es eine Suppe. Mal cremiger, meist aber eher wie ein Eintopf, was Thomas immer wieder gefreut hat. Meist mit Quinoa. Locro, ein Eintopf ist eine der Spezialitäten.
Beim Fleisch wechseln sich Lama, Rind, Huhn und Schwein ab. Wobei Hühnerfleisch dominiert - gegrillt, paniert, gebraten oder als Spieß. Fleisch gibt es hier generell viel. Z.B. als Pique Macho. Reis, dazu eine Art Geschnetzeltes auf einem Haufen Pommes. Im Nachhinein müssen wir sagen, es ähnelt dem peruanischen Lomo Saltado sehr. Beim Fisch ist vorrangig die Trucha, die Forelle zu nennen.
Zum Nachtisch stehen die Bolivianer irgendwie auf Wackelpudding, sehr künstlichen Wackelpudding. Den gibt es hier auch auf der Straße im Plastikbecher mit einem riesigen Haufen Sahne zu kaufen.
Bei den alkoholischen Getränke liegt der Schwerpunkt auf Bier. Einen bolivianischen Rotwein haben wir aber auch probiert - den "Kohlberg". Echt bolivianisch, die Familie hat wohl deutsche Wurzeln, wie ums erzählt wurde und unschwer am Namen zu erkennen ist.
Was der Mate dem Argentinier, das ist dem Bolivianer sein Coca-Tee. Die koffeinhaltigen Coca-Blätter werden so gekaut oder mit heißem Wasser zu Tee aufgegossen. Sie gelten als Allheilmittel, auch gegen die Höhenkrankheit.
Ein weiteres Traditions-Getränk ist Api, hierfür wird Mais mit heißem Wasser und Gewürzen aufgegossen. Probiert haben wir das nicht, der Geschmack sei wohl gewöhnungsbedürftig. Da es das fast ausschließlich an Straßenständen zu geben scheint, haben wir uns (halbwegs erholt) das nicht zu trinken getraut.
Tja, und damit sind wir beim heiklen Punkt Lebensmittelhygiene angekommen. Die gibt es in Bolivien so gut wie nicht. Den Anfang nimmt das Ganze schon auf dem Markt, wo das Fleisch offen den Tag über herumliegt. Jeder kann sich das gewünschte Stück mit bloßen Händen abschneiden und vom Verkäufer abwiegen lassen (natürlich ohne Händewaschen).
Das Leitungswasser ist nicht trinkbar und sollte noch nicht mal zum Zähneputzen verwendet werden. Beim Toilettengang gehört das WC-Papier (angeblich wegen der Verstopfungsgefahr der Abwasserrohre) nicht in das Spülbecken, sondern in einen separaten Mülleimer. Wie gut das Abwasser anschließend geklärt wird, bevor es wieder aus dem Hahn kommt ?! - Man kann nur mutmaßen. Mit dem Wasser gewaschene Lebensmittel und Geschirr sind dementsprechend nicht wirklich sauber.
Für die Bolivianer scheint es aber zum Alltag zu gehören immer mal Magen-Darmprobleme zu haben, wenn man sich die WC's so olfaktorisch und visuell betrachtet. Zur Notwendigkeit des Händewaschens gibt es immer wieder einschlägige Plakate, hier ist aber leider für die Zukunft noch viel Aufklärungsarbeit zu tun.
Das Thema Müll ist da ein ähnlich schwieriges. Von Mülltrennung ist man hier weit entfernt. Vernünftige Müllentsorgung wäre ein guter Anfang...