06.02. - 11.02.2018: Bolivien

Mittlerweile sind wir ja an Übernacht-Busfahrten gewöhnt und auch diese Fahrt ist recht angenehm. Der Bus kommt sogar pünktlich in La Paz an - leider. So stehen wir nach knappen 8,5 h Fahrt und 550 km morgens gegen halb 5 in La Paz am Busbahnhof. Obwohl wir mit 3600 m auf nahezu gleicher Höhe mit Uyuni sind, ist es hier deutlich kälter. Das Busterminal ist zwar überdacht, aber offen. Da es noch zu früh ist, um direkt in die Stadt zu unserer Unterkunft zu fahren, warten wir also dick eingepackt auf den Bänken des Terminals auf den Sonnenaufgang. Dabei sind wir allerdings nicht alleine, vor allem die einheimischen Frauen sind in dicke Schichten aus farbenfrohen, kuschligen Decken und Tüchern eingewickelt, um die wir sie beneiden. Währenddessen versuchen die Angestellten der Busunternehmen in Marktschreier-Manier ihre Busse voll zu bekommen.

Nach und nach erwacht auch der Rest des Terminals langsam zum Leben und als die ersten Stände und Cafés öffnen, frühstücken wir erst einmal ausgedehnt. Dabei kommen immer wieder Leute (hauptsächlich ältere Frauen) an den Tischen vorbei, um Süßigkeiten aus ihren Bauchläden zu verkaufen oder einfach so die Hand aufzuhalten. Es machen aber auch Kinder mit Panflöte in der Hand die Runde um die Tische. Das ruft einem wieder in den Kopf, dass wir in einem der ärmeren Länder Südamerikas unterwegs sind.

Um halb 7 scheint die Sonne und macht unsere dicken Jacken überflüssig. Es wird Zeit in die Stadt zu fahren. Unsere Unterkunft ist knappe 5 km entfernt und wir versuchen einen Bus zu finden, der uns in die richtige Richtung bringt. Dabei gibt es hier hauptsächlich 2 Arten von Bussen:...

... sogenannte Micros - geschrumpfte Linienbusse aus den amerikanischen Altbeständen...

...und Minibusse.

Beide unterscheiden sich hauptsächlich in der Größe, die Fahrt kostet bei beiden lediglich 2 Bolivianos - umgerechnet 25 Cent - und die Fahrtziele sind in bunten Schildern hinter der Windschutzscheibe zu erkennen bzw. ergeben sich unterwegs.

Wenn man allerdings keine Ahnung hat, wie das hier so funktioniert, nicht weiß, in welche Richtung man muss, steht man recht hilflos da, vor allem morgens verschlafen mit den beiden großen Rucksäcken. Das eigentlich alles ganz einfach ist, lernen wir in den nächsten Tagen- die Ziele auf den bunten Schildern sind meistens die Straßennamen, durch die der Bus fährt und werden während der Fahrt immer wieder ausgetauscht. Ein- und Aussteigen ist überall möglich, einfach winken und der Bus hält an, egal ob gerade Stau ist oder der Bus dahinter ausgebremst wird. Ein- und Aussteigen erfolgt aber eher mehr oder minder aus dem fahrenden Bus. Gehupt wird hier ständig und der Lärm bildet die Hintergrundkulisse der Stadt. Die Verkehrsregeln - wenn es denn welche gibt - sind nur Anhaltspunkte. Rote Ampeln sind lediglich Hinweise und wer an der Kreuzung schneller in der Lücke ist, fährt zuerst. Trotzdem klappt das alles recht problemlos, da man eben darauf gefasst ist jederzeit geschnitten zu werden und bremsen muss. Da in der Stadt das Tempo auch selten über 20 km/h liegt, wenn nicht gerade wegen Staus gar nichts mehr geht, ist das nicht so schlimm.

In diesem ganzen Chaos direkt nach der Ankunft entschließen wir uns an dem Morgen erstmal lieber ein Taxi zur Unterkunft zu nehmen.

So stehen wir früh um kurz nach halb 8 im Foyer eines Hochhauses, beim Portier und tragen uns in das Gästeregister ein. Während wir uns eintragen, kommt ein junger Kerl, der uns ein Zimmer in einem neuen Gebäude verspricht und mitnimmt. Zunächst finden wir das schon seltsam, am Ende beziehen wir aber ein paar Meter weiter in einem nagelneuen Hochhaus unser geräumiges Zimmer.

Alles ist zwar neu, aber irgendwie nicht ganz durchdacht oder schlecht verarbeitet. Es gibt einen Kühlschrank, Mikrowelle, etc. - aber nur eine einzige Steckdose in der Ecke, in die die Stecker noch nicht mal passen, da kein Masseanschluss vorhanden ist. Aber gut, wer braucht sowas schon und irgendwann im Laufe der Tage waren die beiden dann mit einem "Adapter" im Zimmer, an dem alles angeschlossen wurde.

Alles ist noch im Aufbau und die beiden, die sich um die Zimmer auf insgesamt 3 Etagen und in 2 Häusern kümmern, sind die Tage ständig am Räumen und dabei neue Sachen zu besorgen. Da kann es auch mal passieren, dass der Frühstücksraum eine Etage höher verlegt wird. eben alles noch im Aufbau.

Wir fühlen uns trotzdem heimisch und wie schon vorher - verlängern wir unseren Aufenthalt noch einmal und sind am Ende 5 Nächte dort - wenn auch aus teilweise anderen Gründen als zuvor.

Die lebensmittelhygienischen Umstände hier sind einfach "andere". Wie schon im letzten Beitrag erwähnt, sollte man das Leitungswasser noch nicht einmal zum Zähneputzen nehmen und nichts essen, was nicht geschält oder gekocht ist. Pia hat schon in Uyuni die ersten Probleme gehabt, während ich meinen Magen am Nachmittag mit einem Falafel-Wrap, auf dem viel Salat und Tomaten sind, teste - und verliere. Den zweiten Tag in La Paz verbringen wir entsprechend beide im Bett und werden in Zukunft die obigen Regeln zum Essen definitiv befolgen!

Wir teilen uns auf, sodass es jedem einen Tag wirklich schlecht geht, da es aber auch ständig regnet und kalt ist, verbringen wir viel Zeit in unserer Unterkunft, bzw. im Bett. Das größte Manko an dem Neubau ist, neben den nur wenig isolierenden Fenstern, das Fehlen einer Heizung! Wir wollen definitiv nicht wissen, wie es hier im Winter zugeht, aber schon jetzt ist es ohne Sonne einfach nur kalt und die dicke Lama-Decke auf dem Bett auch nur bedingt. Zum Glück gibt es hier eine warme Dusche.

Daneben ist auch unsere "Dachterasse", die hier vermutlich irgendwann mal auf dem 16. Stock entsteht, zu erwähnen.

Von hier gibt es eine beeindruckende Aussicht...

...über den höchsten Regierungssitz der Welt!

Logenplätze für das Karnevals-Fußball-Spiel auf dem Sportplatz der Universität nebenan inklusive.

Die Aussicht lohnt sich bei Tag,...

...aber auch bei Nacht.

Gerade bei Nacht ist der Weg auf die Terasse überwältigend. Wir sind im Zentrum von La Paz auf knapp 3600 m Höhe, während sich die umgebenden Stadtteile und El Alto bis auf über 4100 m erstrecken. Daher bietet sich von hier oben bei Nacht ein einziges Lichtermeer rundherum.

Nebenbei hat man auch einen guten Ausblick auf das Verkehrsgetümmel vor unserer Haustür.

Micros aus den 1920er-Jahren sind fast selten...

...im Vergleich zu Taxen und Minibussen.

Auch private Autos sind eine Seltenheit im Zentrum.

Wenn man schon die Gelegenheit und eine solche Aussicht hat, habe ich auch gleich zwei Abende die GoPro für ein paar Stunden aufs Dach gestellt und 2 kleine Zeitraffer-Aufnahmen von La Paz erstellt, die ihr hier und hier findet.

Markt in El Alto

Wieder etwas erholt machen wir uns donnerstags auf zum Markt in El Alto. Der Markt findet jeden Donnerstag und Sonntag statt und ist einfach nur riesig. Angeblich kann man hier alles kaufen, was wir nach dem Besuch bestätigen können.

Mittlerweile wissen wir ja auch, wie das mit dem "ÖPNV" klappt und...

...winken uns ein Micro zur Estacion Central.

Für die ca. 3 km Fahrt benötigen wir im Verkehrchaos über eine halbe Stunde, bevor wir die Talstation der Seilbahn erreichen. Durch den Höhenunterschied in der Stadt gibt es hier seit einigen Jahren verschiedene Seilbahnen quer durch die Berge. Die Technik ist dabei übrigens eine Mischung aus österreichischem Betreiber, Schweizer Gondeln und deutschen Stahlseilen.

Die Fahrt ist mit ca. 35 Cent allerdings etwas erschwinglicher als in den Alpen - dafür ist die Schlange vor der Bahn auch deutlich länger.

Auf geht's auf 4100 Meter...

...mit Aussicht über die Häuser...

...von La Paz.

Mit der Gondel über den Friedhof.

Oben angekommen, spuckt uns die Bahn quasi mitten auf dem Markt aus. Und zwar mitten zwischen den Auto-Ersatzteilen.

Schrauben, Kugellager, Dichtungen, Bremsen, Pedale, Lichtmaschinen - kein Problem!

Gut, alles gebraucht und vieles sieht nicht mehr allzu vertrauenswürdig aus, aber bei dem Zustand der Autos und Bussen teilweise, sind diese Ersatzteile fast neuwertig.

Und wenn nichts mehr geht, dann gibt es halt einen "neuen" Motor.

Man muss sich nur irgendwie um die säuberlich abgeschnittenen Leitungen und Anschlüsse kümmern.

Und wenn alles nicht hilft stehen ein paar Straßen weiter direkt die Gebrauchtwagen.

Natürlich gibt es auch alles Erdenkliche andere zu erstehen, wie wäre es mit neuer...

...Unterwäsche oder...

...ein neuer Kittel für Pia?

Das leibliche Wohl kommt auch nicht zu kurz, alle 5 Meter gibt es Essensstände, an die wir uns momentan aber leider nicht heran trauen, oder man kauft einfach die Zutaten für's Abendessen.

Lebende Riesenschnecken passen sicher super zu Quinoa!

Der Markt ist einfach verrückt. Alles ist bunt gemischt. Wir laufen stundenlang herum, in jeder Straße gibt es Stände - unmöglich alles an einem Tag zu sehen,...

...sogar über die Gehwege auf den Brücken verteilen sich die Stände.

Dazu gibt es ab und zu die Aussicht auf die Stadt...

...mit den Gondeln der Seilbahn im Hintergrund.

Und überall sind die typisch bolivianisch gekleideten Frauen mit Rock und Hut unterwegs.

Mal weniger farbenfroh,...

...meistens aber mit sehr bunten Tragetüchern auf dem Rücken.

Was in den Tüchern ist? Eigentlich alles, vom Einkauf über Kinder oder ein kleines Lama, alles kein Problem.

Irgendwann sind wir aber doch erschöpft vom Getümmel und vielleicht auch von der dünnen Luft hier oben, dass wir den Heimweg antreten. Also ab in die Gondel und runter, wo wir uns wieder ein diesmal leeres Micro suchen. Die Straßen sind immer noch bzw. wieder verstopft, es geht nur Schrittweise voran. Zumindest bis der Fahrer eine Abkürzung findet und endlich mal Gas geben kann - wenn auch nur für ein paar hundert Meter. Wie das so ist in einem Micro? Seht selbst.

Wieder in unserer Wohnung packen wir dann unseren Markteinkauf aus - bestehend aus einer kleinen Tube "Superkleber", die wir für ganze 13 Cent erstanden haben - und reparieren zunächst...

...den Objektivdeckel unserer Kamera.

Auch meine Schuhe haben schon etwas gelitten, da kann etwas Superkleber nicht schaden!

Zunächst bin ich skeptisch, ob der Kleber wirklich klebt. Aber das tut er! Am Ende habe ich natürlich einen Tropfen auf dem Finger und verbringe die nächsten 15 Minuten mit der Nagelfeile, um den schon getrockneten Sekundenkleber abzufeilen. Die Sohle wird sich wohl nicht mehr vom Schuh lösen!

Witches Market an Karneval

Es ist Karnevalssamstag und wer denkt, dass in Südamerika nur in Rio Karneval gefeiert wird, der irrt sich gewaltig. In Bolivien, insbesondere in Oruro, oder auch in Peru ist an Karneval was los...

...wie man schon ein paar Tage vorher am "Zubehör" über der Kühltheke im Supermarkt erkennen kann.

Allerdings wird der Karneval hier etwas anders gefeiert. Es gibt sehr traditionelle Umzüge mit Kostümen und Musik, wie wir sie über die Tage überall im TV erkennen und später in Puno auch selbst erleben, aber heute ist in La Paz eher Schaumschlacht angesagt!

An jeder Ecke kann man Dosen kaufen und seine Mitmenschen ordentlich einseifen.

Was natürlich vor allem...

...den Kindern gefällt!

Die typische Kinderausstattung besteht heute aus Kostüm, Regenponcho und Schutzbrille gegen die Schaumangriffe. Aber auch die Jugendlichen und Erwachsenen in ihren Regenponchos mischen ordentlich mit. Auch wir bleiben nicht ganz verschont, meiden aber doch lieber die völlig überlaufene "Hauptstraße". Schließlich wollten wir ja zum Hexenmarkt, der aber in heutigen Zeiten eher ein Touristenmarkt ist.

Bunte Tücher, Mützen und Pullis gibt es an jedem Stand.

Die getrockneten Lama-Föten für die "Hexen" sind hier eher Deko als Ware.

Uns stört Letzteres weniger und wir decken uns mit neuen Mützen ein, schaden kann das bei dem aktuellen Wetter jedenfalls nicht.

Da der "Markt" nicht allzu groß ist, sind wir bald wieder auf dem Rückweg.

Vorbei an einigen Graffities...

...zum Plaza San Francisco, auf dem ebenfalls Karneval gefeiert wird.

Wir schauen dem Treiben noch etwas zu, bevor wir den letzten Anstieg zum Busterminal antreten, um uns für morgen früh Tickets zum Titicaca-See zu besorgen.

Noch eine kleine Stärkung.

Oder doch lieber noch ein paar Blumen?

Durch eine hübsche kleine Gasse aus der Kolonialzeit, von der in dieser Stadt sonst wenig übergeblieben ist, geht es dann in Richtung Busterminal.

Nachdem die Tickets gesichert sind und wir den Rückweg per Minibus bestritten haben, schauen wir uns ein letztes Mal La Paz bei Dunkelheit von unserem Dach an und packen unsere Rucksäcke. Titicaca-See wir kommen! Dazu mehr im nächsten Eintrag.